Höflichkeit interkulturell
27.04.2012
Vivien Kim Hohberger, M.A. (Deutsche Schule Seoul International)
Kulturelle und sprachliche Divergenzen in der Kommunikation zwischen Deutschen und Koreanern – eine Studie zur Höflichkeit
Die vorliegende Arbeit steht im Kontext der interkulturellen Kommunikation und behandelt unterschiedliche Verhaltensweisen in transnationalen Kontakt- und Kommunikations-situationen, konkret das sprachliche Höflichkeitsverhalten von Koreanern und Deutschen. Zu diesem Zweck wurde eine Online-Erhebung in einer deutsch-koreanischen Version erhoben. Teilnehmer waren insgesamt 50 Deutsche und Koreaner, die in koreanischen Firmen arbeiteten.
Der dabei verwendete Fragebogen orientierte sich an Blum-Kulkas (1989) CCSARP-Modell, berücksichtigte aber in Anlehnung an dialogische Konzepte bei Fukushima (2002) und bei Weigand (1989) nicht nur die Aufforderung selbst, sondern auch mögliche sprachliche Erwiderungsformen. Im Zentrum des Interesses standen vier Kommunikationssituationen, die sich bezüglich der Faktoren Machtverhältnisse, soziale Distanz und Grad der Zumutung (Imposition) voneinander unterschieden (Brown & Levinson 1987). Das Ziel bestand darin, anhand des sprachlichen Ausdrucks, die die deutschen und koreanischen Informanten verwendeten. Unterschiede und Gemeinsamkeiten im sprachlichen Höflichkeitsverhalten zwischen den beiden Kulturen aufzudecken. Dabei wurde zwischen direkten Sprechakten, konventionell indirekten Sprechakten (positive und negative Höflichkeit) und off record-Sprechakten unterschieden.
Zur Annäherung an diese Thematik sind neben Definitionen und Erklärungen zu den Bereichen Kommunikation, Kultur sowie Fragen zur Machtdistanz und zum Individualismus vs. Kollektivismus von besonderer Bedeutung. Das Phänomen der Höflichkeit wird anhand verschiedener Höflichkeitskonzepte, insbesondere auch der auf dem Konzept des Face basierende Ansatz von Brown & Levinson (1987) vorgestellt. Hierzu werden konkrete grammatische und lexikalische Ausdrucksformen der Höflichkeit im Koreanischen vorgestellt. Theoretische Annahmen des Sprechakts der Aufforderung führen schließlich zum konkreten Analyseschema für Aufforderungen, das in der empirischen Untersuchung angewendet wurde.
Folgende Erkenntnisbeiträge zu zentralen Fragen der interkulturellen Höflichkeitsforschung, die sich an Brown/Levinson (1987) orientieren und diese Theorie in ihrem Universalitätsanspruch an einigen Stellen relativieren:
(i) Die Annahme von Brown & Levinson (1987), dass die Machtverhältnisse als eine Komponente des Ausmaßes eines Face Threatening Acts (W.) universell sind, wird durch die unterschiedliche Gewichtung bei Deutschen und Koreanern widerlegt.
(ii) Durchschnittlich gewichten Frauen sowohl in Deutschland als auch in Korea den Faktor der Zumutung einer Aufforderung (Imposition) höher als Männer.
(iii) Koreaner tendieren zu einer direkteren sprachlichen Realisation von Aufforderungen und Bitten als Deutsche. Dies geschieht unabhängig vom Geschlecht.
(iv) Konventionell indirekte Höflichkeitsmarkierungen lassen sich durch positive oder negative Höflichkeitsmarkierung ergänzen. Dabei zeigt sich, dass die Koreaner bei den Ergänzungen hauptsächlich Danksagung und nominale Personalpronomina verwenden, während Deutsche Entschuldigungen, Begründungen und Impersonalisierung des Aufforderungsaktes bevorzugen.
(v) Während Koreaner positive Höflichkeit präferieren, verwenden Deutsche hauptsächlich negative Höflichkeit.
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