„Deutsche Novelle“
30.04.2010
Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Jang-Weon Seo (Korea-University) über
Die Verführbarkeit und die Hörigkeit. Leonhard Franks Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Herrschaft und der US-amerikanischen Gesellschaft in der „Deutschen Novelle“ (1945)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Auseinandersetzungen Leonhard Franks mit dem Aufkommen bzw. der Durchsetzung des Nationalsozialismus in Deutschland sowie der Kritik an der US-amerikanischen Gesellschaft in der Deutschen Novelle.
Der Titel „Deutsche Novelle“ hat programmatischen Charakter. Die tragische Verstrickung der Roman-Figur Baronesse in Wahn, Hörigkeit, Todessehnsucht soll das Schicksal der Deutschen gleichnishaft widerspiegeln: die Verführbarkeit, die Last der Tradition, die Unfähigkeit, sich gesunden neuen Werten zu öffnen, münden schließlich in das Ausweichen, die „unbeantwortete Frage, warum für den Deutschen das Leben nur eine Gelegenheit sei, den Tod zu suchen“. Die Identität ist im Zeitenumbruch verloren gegangen.
Affinität zur Verführbarkeit ist es, die nicht nur Josepha in den Tod gehen läßt, sondern auch das deutsche Volk in die Vernichtung seitens der nationalsozialistischen Herrschaft trieb. Leonhard Frank versucht somit eine Allegorie auf die Entstehung des Nationalsozialismus, welche die sogenannte „Machtergreifung“ als Verführung des deutschen Volkes durch eine Gruppe machthungriger Fanatiker zu erläutern sucht.
Nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland und US-amerikanischer Kapitalismus sind für Leonhard Frank wesensgleiche Erscheinungen. Amerikaner leiden an einer für Frank erschreckenden Gefühlsverarmung, die durch die Art der amerikanischen Wirtschaftsführung und infolge der durchmechanisierten Lebensweise hervorgerufen wird. Amerikaner sind nach Frank innerlich einsam, da ihr Leben von Äußerlichkeit bestimmt ist. Die Abhängigkeit von spezialisierten Maschinen führt sogar so weit, dass einfachste Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden können. Durch das wirtschaftliche System wird in Amerika das Geld zum Maß aller Dinge erhoben.
Im Rahmen der vorliegenden Analyse der Darstellung der beiden Systeme in Nazi-Deutschland wie in Nordamerika sei darauf hingewiesen, dass Leonhard Frank immer die europäisch-sozialistische Perspektive behielt. Hier fällt es dem außereuropäischen und nicht-US-amerikanischen Beobachter aus der kritischen Distanz ebentuell leichter, ein kritisch diversifiziertes Urteil zu fallen.
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